Ungarn unter Georg von Podiebrad und Matthias Corvinus

Ungarn unter Georg von Podiebrad und Matthias Corvinus
Ungarn unter Georg von Podiebrad und Matthias Corvinus
 
Die als Begründer eines nationalen Königtums in Böhmen bzw. Ungarn geachteten Monarchen und Rivalen kennzeichnen viele Gemeinsamkeiten. Georg (Jiři z Podbrad, 1420-71) hatte sich in jungen Jahren als Führer der hussitischen Utraquisten einen Namen gemacht und wurde 1452 für den unmündigen Ladislaus (V.) Posthumus zum »Gubernator Böhnmens« (Reichsverweser) berufen. Die wachsende Entfremdung zum jungen König gab nach dessen plötzlichem Tod 1457 zur Unterstellung Anlass, Georg habe Ladislaus ermorden lassen.
 
1458 zum König gewählt, suchte er einen Kompromiss mit der Kurie, um die kirchliche Anerkennung zu erlangen; die 1459/60 erwogenen Pläne, nach Absetzung Friedrichs III. zum römischen König gewählt zu werden, ließen sich jedoch nicht realisieren. Seiner Initiative, durch einen Fürstenbund den Frieden in Europa zu sichern, war ebenfalls kein Erfolg beschieden. Das Bemühen, den Religionsfrieden zu wahren, brachte dem »Ketzerkönig« 1464 die Opposition eines streng katholischen Herrenbundes ein, 1466 folgte der Kirchenbann; darüber hinaus wurde er seines Königtums für verlustig erklärt. 1468 begann ein Konflikt mit seinem ehemaligen Schwiegersohn Matthias Corvinus.
 
Matthias (Mátyas, 1443-90), Sohn des Reichsverwesers János Hunyadi, war nach dem Tod Ladislaus' 1458 vom Adel zum König von Ungarn bestimmt worden, konnte Kaiser Friedrich III. 1462 zum Einlenken bewegen und entwickelte sich zu einer beeindruckenden Herrschergestalt. Nachdem er durch Erweiterung der monarchischen Zentralgewalt (Beschneidung des Einflusses der Magnaten, Straffung der Verwaltung, Gerichts- und Steuerreform, Aufstellung einer allein ihm unterstehenden Söldnerarmee, des »Schwarzen Heeres«) die machtpolitischen Voraussetzungen geschaffen hatte, verfolgte er trotz wachsender Türkengefahr den Aufbau eines südosteuropäischen Großreiches.
 
1469 von Teilen des Adels zum König von Böhmen gewählt, konnte er sich in Mähren, Schlesien und den beiden Lausitzen dauerhaft festsetzen, aber nicht verhindern, dass der von Georg von Podiebrad unter Ausschluss seiner eigenen Söhne zum Nachfolger bestimmte Jagellone Władysław II. 1471 in Böhmen gekrönt wurde. Ein erst auf einem Fürstentag in Olmütz 1479 erreichter Kompromiss beendete die verlustreichen Kämpfe und stellte dem Überlebenden die Thronfolge in Böhmen und Ungarn in Aussicht. Nach der Eroberung Niederösterreichs regierte Matthias nach 1485 von Wien aus seine Länder.
 
Georg und Matthias gehören zu den aufgeklärtesten und dynamischsten Regenten ihrer Zeit, die sich skrupellos der Diplomatie, aber auch des Krieges zu bedienen wussten, ihre größten Erfolge jedoch durch Kompromissbereitschaft erzielten. Die Aussöhnung der Konfessionen haben sie trotz ihrer religiösen Toleranz nicht erreicht. Unter dem aufgeklärten Mäzen und Kunstsammler Matthias zogen der Humanismus und die Kultur der Renaissance in Ungarn ein, auch wenn sich seine Universitätsgründungen nicht behaupten konnten.

Universal-Lexikon. 2012.

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